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Wie sich die Fitnessstudios in Berlin nach den schwierigen Lockdown-Zeiten auf die pandemische Lage eingestellt haben
Generali Berliner Halbmarathon
Ein Sonntagvormittag im März 2020: Im Fitnessstudio an den Yorckbrücken trudeln die Mitglieder ein, freuen sich auf das gewohnte Workout. Die Sporttasche unterm Arm geht es die lange Treppe nach oben zum Eingang. Doch oben angekommen, geht es nicht weiter: Die Tür ist zu, das Studio ist geschlossen. Ungläubige Blicke, Achselzucken. Und eine erste Ahnung davon, was in den nächsten Monaten folgen wird: Das Ende von gewohnten Routinen, kein Kraft- oder Cardiotraining, keine Bodyshape-, Spinning- oder Yogakurse in der Gruppe. Für viele bricht an diesem Sonntagmorgen nicht nur das gewohnte Sportprogramm abrupt zusammen, sondern auch die liebgewonnene Community. Auch der Saunagang oder das Entspannen im Liegestuhl nach dem Training sind nicht mehr möglich.

Rund drei Monate bleiben die Fitnessstudios im Frühjahr 2020 geschlossen, im Juni geht es wieder los – mit strengen Hygieneauflagen. Im November folgt der Lockdown Light, kurze Zeit später ist wieder alles dicht. Über ein halbes Jahr lang bleiben bundesweit in den Fitnessstudios die Lichter aus. „Den ersten Lockdown konnten wir noch verschmerzen, aber die zweite Schließung war einfach nur Horror“, sagt Michael Mühleck. Er ist Gründer der Studiokette FitOne, zu der auch das Studio an den Yorckbrücken gehört. Rund ein Viertel der Mitglieder seien inzwischen weg, „bei uns geht es an die Substanz“.

Wirtschaftliche Herausforderung

Auch viele Beschäftigte hätten sich neu orientiert und seien nach dem langen Lockdown nicht mehr zurückgekommen. Mit dieser Erfahrung steht FitOne nicht allein: In ganz Berlin hat der Lockdown den Fitnessstudios zugesetzt. „Wir haben uns von Woche zu Woche gehangelt, immer in der Hoffnung, dass wir bald wieder öffnen dürfen“, sagt Sandra Schmalzried, General Manager bei Aspria Berlin Ku‘damm. Aspria betreibt hier ein Studio auf 16.000 Quadratmetern inklusive 25-Meter-Pool und Dachterrasse. Auch bei Aspria waren die meisten Beschäftigten in Kurzarbeit – alle, bis auf den Mitgliederservice, die Buchhaltung und das Technik-Team: „Der Pool musste natürlich weiter gewartet werden“, so Schmalzried weiter.
„Wir haben uns von Woche zu Woche gehangelt, immer in der Hoffnung, dass wir bald wieder öffnen dürfen“
Sandra Schmalzried,
General Manager bei Aspria Berlin Ku‘damm
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Wirtschaftlich waren die Schließungen für die Fitnessstudios eine enorme Herausforderung. „Bei uns haben mehr als die Hälfte der Mitglieder während der Schließungen weitergezahlt – das ist sensationell“, sagt FitOne-Gründer Michael Mühleck. Die Monate, in denen der Beitrag geflossen ist, das Studio aber nicht genutzt werden konnte, werden den Mitgliedern jetzt gutgeschrieben. Eine weitere Stütze waren die Überbrückungshilfen der Bundesregierung: „Das war eine tolle Sache“, sagt Mühleck.

Mittlerweile erleben die Fitnessstudios, dass ehemalige Mitglieder zurückkehren und sogar neue hinzukommen – etwa bei der Studiokette McFIT, die in Berlin 18 Fitnessstudios betreibt. McFIT-Sprecher Pierre Geisensetter macht allerdings auch deutlich: „Bis die Neuvertragszahlen wieder auf ein Pre-Corona Niveau kommen, wird es noch lange dauern.“

Erst im Juni 2021 konnten FitOne und Aspria ihre Türen wieder öffnen – bei McFIT konnte schon früher trainiert werden. „Wir haben unsere Parkplätze zu Trainingsflächen verwandelt und eine Auswahl an Geräten aus den Studios nach draußen geholt“, so Pierre Geisensetter.

Sichere Trainingsumgebung

Wie sieht der Besuch im Fitnessstudio unter Corona-Bedingungen aus? „Trainiert werden kann nur nach vorheriger Anmeldung“, so Sandra Schmalzried von Aspria, „es herrschen Maskenpflicht und die 3G-Regeln, so die Auflagen des Berliner Senats.“ Wer noch keinen Impfschutz habe, könne sich vor Ort kostenlos testen lassen. Mühleck von FitOne habe gerade erst eine Großbestellung für Schnelltests freigegeben. Auch Pierre Geisensetter von McFIT betont, dass man alles dafür tue, um jederzeit eine sichere Trainingsumgebung zu gewährleisten. „Wir hoffen, dass Mitglieder nachhaltig Verantwortung im Umgang mit den Hygienemaßnahmen zeigen.“

Die Lust auf Sport und Bewegung ist auf jeden Fall groß: „Die Nachfrage nach betreutem Sport ist sehr hoch“, beobachtet Sandra Schmalzried in der Aspria-Community. Die vielen Monate im Homeoffice hätten zu Rückenbeschwerden geführt, viele Mitglieder hätten Lust, sich mehr zu bewegen, fitter zu werden und Muskeln wieder aufzubauen. „Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Fitness und die körperliche Bewegung für die allgemeine Gesundheit ist“, bestätigt Pierre Geisensetter von McFIT, „viele wollen sich insgesamt fit halten und ihr Immunsystem stärken.“ Ein starkes Immunsystem – für Sportbegeisterte, für die Fitnessbranche und idealerweise für die ganze Stadt.
Simone Dyllick-Brenzinger
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FOTO Geert Pieters / Unsplash

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