Sportmediziner Tilman Hees über Ermüdungsbrüche, Überlastungsschäden und die Wahl des richtigen Laufschuhs
Herr Hees, welche Gelenke werden beim Laufen oder Joggen aus orthopädischer Sicht besonders belastet?
Wenn wir einen Blick auf die am häufigsten vorkommenden Überlastungsreaktionen werfen, so führen hier in Reihenfolge das Fuß/Sprung-, Knie- und Hüftgelenk die Tabelle an. Das Ausmaß der einzelnen Gelenkbelastungen ist jedoch individuell unterschiedlich und hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.
Zum Beispiel?
Dazu zählen die Lauftechnik, das Körpergewicht oder eine Beinachsenfehlstellung. Sogenannte Vorfußläufer, die zuerst mit dem Vorfuß auftreten, erfahren eine höhere Belastung in der Wadenmuskulatur und leiden häufiger unter Problemen im Mittelfußbereich wie beispielsweise Ermüdungsbrüchen. Die Mehrheit der Läufer setzt zuerst auf der Ferse auf, die sogenannten Fersenläufer belasten besonders das vordere Schienbein. In dieser Gruppe werden gehäuft Schienbeinkantensyndrome beobachtet, also Reizungen der Muskelansätze und Sehnen auf der Vorderseite des Beins.
Welchen Einfluss hat die Lauftechnik?
Durch Optimierung der Schrittlänge kann der Läufer Überlastungsschäden verringern. Aus einer zu kurzen Schrittlänge kann langfristig eine Verkürzung der Hüftbeugemuskulatur und eine Abschwächung der Hüftstrecker resultieren. Dies kann durch eine Beckenkippung zur Lendenlordose, also zu einer Krümmung der Lendenwirbelsäule, und schließlich zu Knie- und Rückenschmerzen führen.
Wenn wir einen Blick auf die am häufigsten vorkommenden Überlastungsreaktionen werfen, so führen hier in Reihenfolge das Fuß/Sprung-, Knie- und Hüftgelenk die Tabelle an. Das Ausmaß der einzelnen Gelenkbelastungen ist jedoch individuell unterschiedlich und hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.
Zum Beispiel?
Dazu zählen die Lauftechnik, das Körpergewicht oder eine Beinachsenfehlstellung. Sogenannte Vorfußläufer, die zuerst mit dem Vorfuß auftreten, erfahren eine höhere Belastung in der Wadenmuskulatur und leiden häufiger unter Problemen im Mittelfußbereich wie beispielsweise Ermüdungsbrüchen. Die Mehrheit der Läufer setzt zuerst auf der Ferse auf, die sogenannten Fersenläufer belasten besonders das vordere Schienbein. In dieser Gruppe werden gehäuft Schienbeinkantensyndrome beobachtet, also Reizungen der Muskelansätze und Sehnen auf der Vorderseite des Beins.
Welchen Einfluss hat die Lauftechnik?
Durch Optimierung der Schrittlänge kann der Läufer Überlastungsschäden verringern. Aus einer zu kurzen Schrittlänge kann langfristig eine Verkürzung der Hüftbeugemuskulatur und eine Abschwächung der Hüftstrecker resultieren. Dies kann durch eine Beckenkippung zur Lendenlordose, also zu einer Krümmung der Lendenwirbelsäule, und schließlich zu Knie- und Rückenschmerzen führen.
„Das Ziel muss sein, den Schuh an den Sportlerfuß anzupassen und nicht umgekehrt“
Tilman Hees
ist Facharzt in der Abteilung Sportmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie / Orthopädie und Unfallchirurgie
Welche Verletzungsgefahren bestehen, wenn man schlechtes Schuhwerk trägt?
Durch falsches Schuhwerk können sich die Kipp- und Drehbewegungen im Fuß- und Kniegelenk verstärken. Dies führt zu einer höheren Belastung mit resultierenden Überlastungsschäden. Zu nennen ist hier das Schienbeinkantensyndrom, das sich durch Schmerzen entlang des vorderen Schienbeins bemerkbar macht. Auch die Plantarfaszitis, eine schmerzhafte Überlastung der Sehnenplatte an der Fußsohle, sowie Sehnenscheidenentzündungen können durch falsches Schuhwerk hervorgerufen werden.
Lässt sich die Gefahr von Überlastung durch die Wahl des „richtigen“ Schuhs minimieren?
Auf jeden Fall! Ein perfekter Laufschuh ist auf den individuellen Laufstil abgestimmt und reduziert idealerweise die Gelenkbelastungen beim Laufen. Einen guten Schuh in ansprechendem Design und knalligen Farben im Laufladen zu finden, ist die kleinste Hürde. Schwieriger ist es, den richtigen Laufschuh für die eigenen „Fußanforderungen“ zu finden. Gerade in Zeiten des Fitnesswahns, in dem viele mittelmäßig und schlecht Trainierte von heute auf morgen einen Halbmarathon laufen möchten, sollte bei der Wahl des richtigen Laufschuhs ein Sportmediziner zu Rate gezogen werden, um Überlastungsschäden zu vermeiden.
Viele Läufer setzen inzwischen auf Laufschuhe mit hoher Dämpfung, weil sie schneller, bequemer und auch sicherer sein sollen. Ist das ein Trugschluss?
Durch eine gute Marketingstrategie in den 1980er Jahren wurden Laufschuhe mit viel Dämpfung immer beliebter unter den Läufern. Sie sind bei vielen Sportlern durch den angenehmen Tragekomfort kaum noch wegzudenken. Historisch gesehen war der Mensch aber die längste Zeit barfuß unterwegs. Die stärkere Dämpfung im Laufschuh führt zur vermehrten Fußinstabilität, die durch eine vermehrte muskuläre Kompensation ausgeglichen werden muss. Als Folge davon kann es zu Überlastungsschäden unter anderem durch schnellere muskuläre Ermüdung kommen.
Neuere Forschungen haben ergeben, dass die Verletzungsgefahr mit den neuen Hightech-Schuhe sogar steigt. Teilen Sie diese Einschätzung?
Das hängt ganz davon ab, an welchem Fuß der Schuh getragen wird. Der neue Laufschuh mit integrierter Karbonplatte versteift das Großzehengrundgelenk und spart somit die Energie ein, die man zum Durchstrecken dieses Gelenkes aufbringen müsste. Der sogenannte „Rebound-Effekt“ beim Abdrücken ist größer. Für Profiläufer wie Eliud Kipchoge hat dies positive Auswirkungen auf die Leistung, wie er jüngst in Wien unter Beweis stellen konnte. Für einen Hobbyläufer ist der Effekt der Energieeinsparung vernachlässigbar gering. Zudem werden die aufzubringenden Hebel- und Muskelbeanspruchungen für den Hobbyläufer größer, was sich negativ auf die Marathonzeit auswirkt.
Zu wenig oder zu viel Pufferung: Wie findet man als Freizeitsportler den passenden Laufschuh, um die Gesundheit nicht zu gefährden?
Das Ziel muss sein, den Schuh an den Sportlerfuß anzupassen und nicht umgekehrt. Da der „Fuß aus dem Lehrbuch“, zumindest in meinem klinischen Alltag kaum vorkommt, sollte der Läufer sich zunächst von einem Sportmediziner beraten lassen. Welche Fußform habe ich? Wie stabil ist mein Fuß-Sprunggelenk? Wie ist meine Beinachse? Mit diesen Informationen kann der Läufer sich dann in einem Laufladen gezielt den richtigen Laufschuh aussuchen. Vielleicht gibt es diesen dann auch noch in seinem Wunschdesign.
Durch falsches Schuhwerk können sich die Kipp- und Drehbewegungen im Fuß- und Kniegelenk verstärken. Dies führt zu einer höheren Belastung mit resultierenden Überlastungsschäden. Zu nennen ist hier das Schienbeinkantensyndrom, das sich durch Schmerzen entlang des vorderen Schienbeins bemerkbar macht. Auch die Plantarfaszitis, eine schmerzhafte Überlastung der Sehnenplatte an der Fußsohle, sowie Sehnenscheidenentzündungen können durch falsches Schuhwerk hervorgerufen werden.
Lässt sich die Gefahr von Überlastung durch die Wahl des „richtigen“ Schuhs minimieren?
Auf jeden Fall! Ein perfekter Laufschuh ist auf den individuellen Laufstil abgestimmt und reduziert idealerweise die Gelenkbelastungen beim Laufen. Einen guten Schuh in ansprechendem Design und knalligen Farben im Laufladen zu finden, ist die kleinste Hürde. Schwieriger ist es, den richtigen Laufschuh für die eigenen „Fußanforderungen“ zu finden. Gerade in Zeiten des Fitnesswahns, in dem viele mittelmäßig und schlecht Trainierte von heute auf morgen einen Halbmarathon laufen möchten, sollte bei der Wahl des richtigen Laufschuhs ein Sportmediziner zu Rate gezogen werden, um Überlastungsschäden zu vermeiden.
Viele Läufer setzen inzwischen auf Laufschuhe mit hoher Dämpfung, weil sie schneller, bequemer und auch sicherer sein sollen. Ist das ein Trugschluss?
Durch eine gute Marketingstrategie in den 1980er Jahren wurden Laufschuhe mit viel Dämpfung immer beliebter unter den Läufern. Sie sind bei vielen Sportlern durch den angenehmen Tragekomfort kaum noch wegzudenken. Historisch gesehen war der Mensch aber die längste Zeit barfuß unterwegs. Die stärkere Dämpfung im Laufschuh führt zur vermehrten Fußinstabilität, die durch eine vermehrte muskuläre Kompensation ausgeglichen werden muss. Als Folge davon kann es zu Überlastungsschäden unter anderem durch schnellere muskuläre Ermüdung kommen.
Neuere Forschungen haben ergeben, dass die Verletzungsgefahr mit den neuen Hightech-Schuhe sogar steigt. Teilen Sie diese Einschätzung?
Das hängt ganz davon ab, an welchem Fuß der Schuh getragen wird. Der neue Laufschuh mit integrierter Karbonplatte versteift das Großzehengrundgelenk und spart somit die Energie ein, die man zum Durchstrecken dieses Gelenkes aufbringen müsste. Der sogenannte „Rebound-Effekt“ beim Abdrücken ist größer. Für Profiläufer wie Eliud Kipchoge hat dies positive Auswirkungen auf die Leistung, wie er jüngst in Wien unter Beweis stellen konnte. Für einen Hobbyläufer ist der Effekt der Energieeinsparung vernachlässigbar gering. Zudem werden die aufzubringenden Hebel- und Muskelbeanspruchungen für den Hobbyläufer größer, was sich negativ auf die Marathonzeit auswirkt.
Zu wenig oder zu viel Pufferung: Wie findet man als Freizeitsportler den passenden Laufschuh, um die Gesundheit nicht zu gefährden?
Das Ziel muss sein, den Schuh an den Sportlerfuß anzupassen und nicht umgekehrt. Da der „Fuß aus dem Lehrbuch“, zumindest in meinem klinischen Alltag kaum vorkommt, sollte der Läufer sich zunächst von einem Sportmediziner beraten lassen. Welche Fußform habe ich? Wie stabil ist mein Fuß-Sprunggelenk? Wie ist meine Beinachse? Mit diesen Informationen kann der Läufer sich dann in einem Laufladen gezielt den richtigen Laufschuh aussuchen. Vielleicht gibt es diesen dann auch noch in seinem Wunschdesign.
Interview Heike Gläser
FOTO Katrin Hees