GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN

Dank eines im Vorfeld bereits getesteten Hygienekonzepts kann der BMW Berlin-Marathon stattfinden – bis zu 35.000 Läufer werden erwartet. Damit steht die Hauptstadt auch im internationalen Vergleich gut da
Der BMW Berlin-Marathon könnte am 26. September die weltweit größte Laufveranstaltung seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 werden. Nachdem der Veranstalter SCC Events im Juli und August mit der City-Night über 10 Kilometer und dem Generali Berliner Halbmarathon bereits zwei große Rennen mit vier- und fünfstelligen Teilnehmerzahlen veranstaltet hat, werden beim Marathon nun bis zu 35.000 Läufer erwartet. Doch nicht nur in der deutschen Hauptstadt zeichnet sich in diesem Herbst trotz der Pandemie eine Rückkehr von ersten, größeren Laufveranstaltungen ab. International dürften eine Reihe von Marathon-Klassikern „grünes Licht“ bekommen.

Dass erste Veranstaltungen möglich wurden und der BMW Berlin-Marathon stattfinden darf, hängt mit einem entsprechenden Hygienekonzept sowie einer inzwischen anderen Herangehensweise des Berliner Senats zusammen. So gab es lange im Vorfeld der Veranstaltungen einen aktiven Austausch zwischen Politik und Organisation. Die Laufveranstaltungen zählen in Berlin zu einer Reihe von Pilotprojekten, die die politisch Verantwortlichen genehmigt haben.

„Wir wollen diese Pilotprojekte starten und bereiten sie vor. Denn wir wollen eine schrittweise Öffnung der Normalität. Das aber muss man rechtzeitig testen. Wir müssen uns auf den Weg machen, um Zukunft möglich zu machen“, sagte Innensenator Andreas Geisel, der auch für Sport zuständig ist, während einer Pressekonferenz. Dabei stellte SCC Events das Hygienekonzept für den Marathon vor, das auf den „3Gs“ basiert: geimpft, genesen oder getestet.
GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN Image 2
Wie die Veranstalter erklärten, wird im Vorfeld des Marathons ein umfangreiches PCR-Testsystem eingerichtet für jene Läufer, die noch nicht vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind oder aufgrund einer überstandenen Erkrankung Antikörper gebildet haben. Für Zuschauer soll es an einzelnen Punkten wie dem Ziel sichere Bereiche geben, die nicht frei zugänglich sein werden. Hier sind ähnliche Zugangsvoraussetzungen geplant wie für die Teilnehmer. Dass nicht die gesamte 42,195 Kilometer lange Strecke gesichert und überwacht werden kann, ist allen Beteiligten klar. „In einer 3,7-Millionen-Stadt kann man nicht ausschließen, dass irgendwo Zuschauer dabei sein werden“, sagt Innensenator Geisel, der der Veranstaltung durchaus zugetan ist. „Der Berlin-Marathon ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Stadt braucht solche Veranstaltungen“, so Geisel weiter. „In schwierigen Zeiten muss man zueinander stehen und Perspektiven bieten.“

Und Jürgen Lock, Geschäftsführer von SCC Events, betont, dass alle Zuschauer aufgefordert seien, an der Marathonstrecke Abstände einzuhalten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. „Das hat vor kurzem bei der City Night bereits sehr gut funktioniert“, so Lock. Die Laufveranstalter erhielten in den vergangenen Monaten auch Unterstützung von Wissenschaftlern, die das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus an der frischen Luft untersuchen. „Sich draußen zu bewegen ist relativ ungefährlich“, erklärt der Physiker und Aerosol-Wissenschaftler Gerhard Scheuch. „Wir registrieren da Ansteckungen von vielleicht 0,1 Prozent.“

Andere Rennen fallen aus

Die Situation für den Laufsport ist allerdings sowohl in Deutschland als auch international noch sehr uneinheitlich. Während in Berlin der Marathon stattfinden darf, fallen mit Frankfurt und Köln zwei andere große deutsche Herbst-Marathonrennen zum zweiten Mal in Folge aus. Den Veranstaltern dieser beiden Rennen, die im Oktober geplant waren, waren das Risiko und die Unsicherheit bezüglich der weiteren pandemischen Entwicklung zu groß. Materialien und Dienstleistungen müssen Monate vorher bestellt werden. Dies birgt für die Veranstalter das Risiko, dass sie bei dann möglicherweise kurzfristigen Absagen aufgrund hoher Corona-Fallzahlen auf den Kosten sitzen bleiben und im schlimmsten Fall sogar Insolvenz anmelden müssen.

Während noch nicht sicher ist, ob der München-Marathon, der bereits im vergangenen Jahr ein Hygienekonzept ausgearbeitet hatte, dann aber trotzdem nicht stattfinden durfte, am 10. Oktober gestartet werden kann, findet das Rennen in Hamburg am 12. September statt. Allerdings dürfen dort ausschließlich geimpfte Sportler starten und inklusive Rahmenwettbewerben nicht mehr als 6000. Während das Berliner Marathonfeld im Vergleich zu 2019 nur um voraussichtlich gut 10.000 Läufer schrumpfen könnte, fehlen den Hamburgern aufgrund der Beschränkungen fast 30.000 Teilnehmer. Da sich ein solcher Lauf wirtschaftlich nicht rechnen kann, hat hier jedoch die Stadt Unterstützung zugesagt.

DERZEITIGE MARATHON-TERMINE IM HERBST:

12.9.
Wien - Hamburg

26.9.
Berlin

3.10.
London

10.10.
Chicago - München

11.10.
Boston

17.10.
Amsterdam - Paris - Tokio

24.10.
Rotterdam

7.11.
New York - Istanbul

14.11.
Athen

5.12.
Valencia
Wieder am Start: Top-Läufer Kenenisa Bekele aus Äthiopien
Wieder am Start: Top-Läufer Kenenisa Bekele aus Äthiopien
Ebenfalls für den 12. September ist der Wien-Marathon geplant. Es spricht viel dafür, dass dieses Rennen im Jahr 2021 der weltweit erste große Marathonlauf sein wird wie man ihn aus Vor-Pandemie-Zeiten kennt: mit einem starken Elitefeld und einem großen Feld an Breitensportlern. Rund 25.000 Anmeldungen liegen den Veranstaltern vor, wobei hier auch Nebenwettbewerbe eingerechnet sind, die teilweise am Tag zuvor stattfinden. In Österreich gibt es seit dem 1. Juli keine Beschränkungen mehr bezüglich der Größe von Veranstaltungen.

Um zusätzliche Sicherheit zu gewährleisten – auch für den Fall, dass sich Regelungen kurzfristig ändern könnten – müssen alle Teilnehmer bei der Abholung der Startnummer einen aktuellen, negativen Corona-Test vorweisen. Dies gilt beim Vienna City Marathon (VCM), der mit einem führenden Wiener Hygiene-Experten ein entsprechendes Konzept entwickelt hat, auch für geimpfte Teilnehmer. Die Tests werden in Wien kostenfrei angeboten. Eine anonyme Umfrage unter den gemeldeten Läufern in Wien hat ergeben, dass ein extrem hoher Prozentsatz geimpft an den Start gehen wird (92,7 Prozent). „Das zeugt von einem hohen Gesundheits- und Verantwortungsbewusstsein unserer Teilnehmer“, sagt VCM-Veranstalter Wolfgang Konrad. „Alle können mit einem guten Gefühl an den Start kommen. Gesundheit steht beim Vienna City Marathon an erster Stelle. Wir sind bereit für einen Marathon, der international ein Zeichen setzt und die Lauf-Community begeistern wird.“

Reduzierte Teilnehmerzahl

Nach Berlin am letzten September-Sonntag dürften nach jetzigem Stand auch die anderen fünf Rennen der World Marathon Majors-Serie im Herbst aller Wahrscheinlichkeit nach stattfinden. Die Veranstalter des London-Marathons planen nach mehreren Testrennen und entsprechenden Lockerungen für Veranstaltungen für den 3. Oktober sogar mit 50.000 Läufern. In Großbritannien ist die Impfquote deutlich höher als in Deutschland. Trotzdem verfahren die Londoner ebenso wie die Wiener: Beim Abholen der Startnummer müssen alle Teilnehmer einen aktuellen, negativen Corona-Test vorweisen.

Drei US-amerikanische Rennen gehören zu den World Marathon Majors: New York, Boston und Chicago. Alle drei Veranstalter haben die Zahl der zugelassenen Läufer deutlich reduziert und Hygiene- sowie Zugangskriterien eingeführt. In Chicago (10. Oktober) wurde das Feld um gut 10.000 Teilnehmer auf 35.000 Läufer reduziert. Sie müssen entweder einen Impfnachweis vorlegen oder einen negativen Corona-Test. Diese Regelung gilt auch in New York. Das Rennen war mit zuletzt mehr als 50.000 Läufern im Ziel der größte Marathonlauf der Welt. Am 7. November werden bei der 50. Auflage des Klassikers rund 20.000 Athleten weniger am Start sein: Das Limit wurde auf 33.000 festgesetzt. Ein Jubiläum feiert auch der Boston-Marathon während der Pandemie: Die 125. Auflage ist für den 11. Oktober am traditionellen Montagstermin geplant. Hier sind statt der üblichen 30.000 Teilnehmer nur 20.000 zugelassen. Sie müssen sich darauf einrichten, mindestens einen, vielleicht sogar zwei negative Corona-Tests vorweisen. Spitzensportlich werden die drei US-Rennen ebenso wie der London-Marathon hochklassig besetzt sein. Wie das Feld in Tokio aussehen wird, ist unklar. Eines steht allerdings fest: Am 17. Oktober dürfen in Japan keine Breitensportler aus dem Ausland an den Start gehen.
Jörg Wenig
ADIDAS RUNNERS CITY NIGHT BERLIN
Angezählt

ISTAF-Jubiläum

GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN Image 3
Geburtstag feiert das älteste Leichtathletik-Meeting der Welt an diesem Sonntag
13
Disziplinen werden ausgetragen:

Unter anderem 100 m Sprint, 100/110 m Hürden, 3000 m Hindernis sowie Weitsprung, Hochsprung, Stabhochsprung, Diskus und Speerwurf
GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN Image 4
35
Blumensträuße werden für Ehrungen
im Stadion überreicht
„Das Saisonfinale kann noch mal ungeahnte Kräfte freisetzen“
Speerwerfer, Claus Vetter
GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN Image 5
Bis zu
25.000 Fans
dürfen im Olympiastadion dabei sein, wenn deutsche Top-Stars wie Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo, Olympia-Zweite in Diskus Kristin Prudenz oder Hindernisläuferin Gesa Krause antreten.
Über
200
Bildtechniker, Kameraleute und Redakteure sorgen für die nationale und internationale TV-Übertragung
GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN Image 6
Dafür werden 7,5 Kilometer
Kabelleitungen verlegt
11.000
Wasserflaschen werden in Hotel und Stadion während des Leichtathletik-Events leergetrunken
GRÜNES LICHT FÜR DAS GROSSE RENNEN Image 7
Über 10.000 Schüler aus Grund- und Oberschulen gingen beim größten deutschen Lauf dieser Art in den vergangenen Jahren an den Start
Über 10.000 Schüler aus Grund- und Oberschulen gingen beim größten deutschen Lauf dieser Art in den vergangenen Jahren an den Start

Mini-Marathon

Ein echter Renner

Den Kinder- und Jugendsport mit einem eigenen Rennen zu fördern, haben sich die Veranstalter des Berlin-Marathons bereits seit 1989 auf die Fahnen geschrieben: Der Mini-Marathon wurde in den großen Marathon integriert und entwickelte sich zu einem echten Renner. Dabei steht im Gegensatz zum klassischen Marathonlauf nicht die Einzelleistung, sondern nur die Team-Wertung im Mittelpunkt. Zehn Schüler bilden eine Mannschaft, die alle gemeinsam die letzten 4,2195 Kilometer der Originalstrecke laufen – also genau ein Zehntel der Marathonstrecke. Die einzelnen Zeiten der jeweiligen Teammitglieder werden dann addiert, um so die Siegerteams zu ermitteln. Zusammengerechnet läuft jede Mannschaft die volle Marathondistanz. Mit dieser Gesamtzeit lässt sich dann ein interessanter Vergleich zu den Topläufern des Berlin-Marathons anstellen.

In diesem Jahr muss der Mini-Marathon aufgrund der Corona-Pandemie dezentral stattfinden. Die Schülerteams können sich aber wie üblich anmelden. Sie laufen dann für sich jeweils eine vier Kilometer lange Strecke. Die Sportlehrer sind gebeten, die Zeiten zu stoppen, zusammenzurechnen und online zu melden. Daraus wird eine Ergebnisliste erstellt. Medaillen und Urkunden erhalten die Schüler per Post.
Jörg Wenig
Cross Challenge 2021

Chancen auf neue Rekord-Zeiten

Äthiopiens Superstar Kenenisa Bekele kehrt nach Berlin zurück. Und die Berlinerin Rabea Schöneborn geht erstmals bei ihrem Heimat-Marathon an den Start
Will in Berlin eine Bestzeit laufen: Eliteläuferin Rabea Schöneborn
Will in Berlin eine Bestzeit laufen: Eliteläuferin Rabea Schöneborn
Spitzensportlich wird der BMW Berlin-Marathon ein weiteres Mal hochkarätig besetzt sein. Elf Weltrekorde wurden in der Geschichte des Rennens gelaufen – so viele wie bei keinem anderen City-Marathon weltweit. Am 26. September könnte es bei der 47. Auflage erneut eine Weltrekordjagd geben. Denn Äthiopiens Superstar Kenenisa Bekele kehrt nach Berlin zurück.

Für den bereits 39-jährigen Bekele wird es der vierte Start beim BMW Berlin-Marathon sein. 2016 hatte er gewonnen, ein Jahr später gab er auf und 2019 triumphierte er erneut. Bei beiden Siegen verpasste der Äthiopier dabei die Weltrekorde nur um wenige Sekunden. 2016 steigerte er sich auf 2:03:03 Stunden und verfehlte die globale Bestzeit um ärgerliche sechs Sekunden. 2019 war es sogar noch knapper: Bekele lief 2:01:41 und schrammte um nur zwei Sekunden am Rekord des Kenianers Eliud Kipchoge (2:01:39) vorbei. Mit dieser persönlichen Bestzeit ist er weiterhin der zweitschnellste Läufer der Marathon-Geschichte.

Bezogen auf die Bahnlangstrecken und den Crosslauf ist Kenenisa Bekele unbestritten der größte Langstreckenläufer aller Zeiten. Er hielt über 15 Jahre hinweg und damit länger als jeder andere die Weltrekorde über 5.000 und 10.000 Meter. Über diese beiden Distanzen war er dreimal Olympiasieger und fünfmal Weltmeister. Hinzu kommen elf Goldmedaillen bei Crosslauf-Weltmeisterschaften. Der BMW Berlin-Marathon bietet ihm nun die wohl letzte Chance, auch über die 42,195 km einen Weltrekord aufzustellen. Dafür hatte Bekele sogar auf den Start bei den Olympischen Spielen verzichtet.

Während sich die einmalige Karriere des äthiopischen Superstars dem Ende zuneigt, geht es für Rabea Schöneborn erst richtig los. Die 27-jährige Berliner Eliteläuferin der LG Nord wird erstmals bei ihrem Heimatrennen am Start stehen. „Ich freue mich sehr darauf, endlich das Flair eines großen City-Marathons erleben zu können“, sagt Rabea Schöneborn, die bisher erst zweimal Marathon gelaufen ist. Unter stark einschränkenden Pandemie-Bedingungen handelte es sich dabei um Rennen, die ausschließlich Eliteläufern vorbehalten waren. In Valencia lief Rabea Schöneborn im vergangenen Dezember ein gutes Marathon-Debüt in 2:28:42. Im April zeigte die Berlinerin dann in Enschede die bisher beste Leistung ihrer Karriere: Sie belegte Rang drei in 2:27:03. Eine Zeit unter 2:26:55 wäre nötig gewesen, um ihre Zwillingsschwester von den olympischen Startplätzen zu verdrängen.

Dass Deborah Schöneborn dann bei Olympia einen hervorragenden 18. Platz erreichte, beflügelt auch Rabea. „Das ist eine große Motivation. Wenn eine von uns das schafft, eine so starke Leistung zu bringen, dann kann die andere das auch“, sagt Rabea Schöneborn. „Mein Ziel in Berlin ist es, eine Bestzeit zu laufen.“
Jörg Wenig
Smart Magazine
Alle Ausgaben Urban Sports digital zum Nachlesen:
smartmagazines. tagesspiegel.de
FOTOS Kai-Uwe Heinrich, Sören Stache / dpa, BMW Berlin-Marathon / Promo, Andreas Gora / Imago

Copyright © Der Tagesspiegel Impressum

Datenschutz